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Soap Radio ist ein Projekt von Rolf Simmen und hat an je fünf Tagen im Mai 2007 in zwei lokalen Gemeinschaftsradios im Süden Malis stattgefunden: Radio Kafo kan in Bougouni und Radio Wassoulou in Yanfolila. 

Es war ein Wettbewerb, bei dem verschiedene Teams im Radiostudio die südamerikanische Telenovela übersetzten, die die ZuhörerInnen gleichzeitig im Fernsehen sehen konnten.

Telenovelas werden in Mali allabendlich auf Französisch ausgestrahlt und sind sehr beliebt - obwohl viele Menschen in Mali Französisch nur mangelhaft verstehen. Die Live-Übersetzung im Radio war also eine Art Untertitelung.

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Foto Team im Studio von Radio Wassoulou

SchülerInnen-Team vor dem Übersetzen, im Studio von Radio Wassoulou in Yanfolila - hinten links Alassane Sidibé, Radiomitarbeiter

Die Idee
In Mali sendet eine grosse Anzahl von Lokalradios - seit der Demokatisierung von 1991.
Radio ist das Medium, das den dortigen Bedingungen ideal angepasst ist:
Mehr zur Bedeutung von Sendungen in lokalen Sprachen in Afrika: ein Unesco-Bericht in englischer Sprache

Als ich 2003 die Gemeinschaftsradios in Bougouni und Yanfolila kennenlernte, war ich von der Bedeutung des Radios begeistert. Gleichzeitig beobachtete ich auch, wie beliebt die Telenovelas sind, die das malische Staatsfernsehen ORTM allabendlich ausstrahlt.

Diese globalisierten Medienprodukte erhält ORTM in französischer Synchronfassung, die allerdings längst nicht für alle ZuschauerInnen verständlich ist.
So kam mir die Idee, Telenovelas  live im Radio zu übersetzen, damit das Publikum zuhause die Folgen in Bambara mithören kann

Als ich im Mai 2007 das Projekt bei den beiden Gemeinschaftsradios umsetzen konnte, lief im Fernsehpropgramm gerade "Barbarita, les couleurs de l'amour" ("Negra consentida") des venezolanischen Senders RCTV. Zur Seite über diese Serie. Um die ZuhörerInnen zum Mitmachen zu bewegen, kam das Wettbewerbselement dazu: mehrere Teams sollten übersetzen, und das beste vom Publikum ausgewählt werden.

Foto Fernsehen in Bougouni

Hauptstrasse in Bougouni, ein Kiosk, wo man abends zum Fernsehen zusammenkommt.


Die Ziele
Mein Projekt, Telenovelas im Radio zu übersetzen hatte vor allem drei Ziele:

Ein Text zur Frage der Interaktivität im Radio:


Fadiala, der Dorfälteste, strahlte vor Freude, als er diese seltsame Kiste betrachtete, während der Onkel ihm erklärte, wie sie funktioniert.
"Wenn du diesen Knopf drehst und die rote Nadel hierher kommt, dann hörst du die Menschen aus Bamako, als ob sie in deiner Hütte sässen. Die aus Dakar sind gleich daneben. Dafür brauchst du nur den Knopf leicht nach rechts zu drehen. Und wenn sie nicht laut genug sprechen..."
Und wie der Onkel weiterfuhr und ihm die Funktion jedes Knopfes erklärte, stellte der Dorfälteste die einzige Frage, die für ihn von wirklicher Bedeutung war:
"Wie stelle ich es an, ihnen zu antworten?"
Der Onkel antwortete, dass die Weissen, auch wenn sie sehr schlau seien, so etwas nicht vorgesehen hatten.
"Huah!" schrie der Dorfälteste.
Jetzt schaute er misstrauisch auf den Radioempfänger. Der Onkel blickte zu ihm, und wie um ihn zu beruhigen, zeigte er ihm einen anderen Knopf, den man nur zu drehen brauchte, um die aus Bamako oder Dakar zum Schweigen zu bringen.

Massa M. Diabaté, "Comme une piqûre de guêpe", Présence africaine, Paris 1980, S. 66-67 (eigene Übersetzung)



Zwei Links zur Problematik der Stereotypen in Telenovelas, gerade auch rassistischer:
"A negação do Brasil", ein Dokumentarfilm von Joel Zito Araújo über die Geschichte schwarzer Darsteller in brasilianischen Telenovelas
"O Brasil na telenovela" Seite zur Geschichte der Darstellung verschiedener Gruppen in brasilianischen Telenovelas


Der Verlauf
Radio Kafo kan in Bougouni (Direktor Seydou Koné, Programmchef Cheick Oumar Cissé) und Radio Wassoulou in Yanfolila (Direktor Sidiki Sidibé, Programmchefin Dicko Mariam Diallo) waren bereit für das Experiment und stellten mir ihren Sender für die je 5 Abende zur Verfügung. Sie riefen in ihren Städten zur Teilnahme am Übersetzungswettbewerb auf, worauf sich mehrere Teams (SchülerInnen der 8. und 9. Klasse der Grundschule in Yanfolila, bzw. des Gymnasiums in Bougouni) bildeten.

Anhand von VHS-Kassetten, die der Verleih Côte Ouest mir zur Verfügung gestellt hatte, bereiteten sie sich auf ihre Folge vor - die Telenovelas sind in einem relativ komplizierten Französisch synchronisiert, was den SchülerInnen manches Kopfzerbrechen bereitete. Aber dank dem Techniker Mandé Coulibaly in Bougouni und dem Buchhalter Alassane Sidibé in Yanfolila, die die Teams betreuten, beherrschten  die jungen TeilnehmerInnen die Folgen nach drei-, viermaligem Üben
sehr gut.  

Im Radio liefen als Vorbereitung täglich Spots, die den ZuhörerInnen zuhause erklärten, dass sie an besagten Abenden den Ton des Fernsehers ausdrehen und stattdessen die neue Version in Bambara im Radio mithören sollen.

Im Radiostudio stand an den Abenden ein Fernsehgerät, und die Schülerteams übersetzten live zum Bild, ohne Ton - der hätte die Radiosendung gestört. In Bougouni gab es dann bloss zwei Teams: Den Eröffnungsabend bestritten erfahren RadiomitarbeiterInnen, die restlichen vier Abende ein hoch motiviertes Schülerteam. Siré Diallo übernahm dabei alle weiblichen Rollen!

In Yanfolila hatten sich fünfTeams gebildet, also für jeden Abend der Woche eines, und es gab ebenfalls eine Jury (Namen der Jury und Bewertungskriterien siehe unter Dokumente). Team 3 hatte das Pech, dass die Folge von "Barbarita" wegen eines Fussballspiels auf den späten Abend verschoben wurde. Da sie dann schon schlafen würden, nahmen wir die Folge anhand der Videokassette im Studio auf. Zur Stunde, als das Fussballspiel und die Nachrichten endlich vorüber waren, kam aber ein Gewitter auf, und der Techniker Moussa Coulibaly stellte aus Sicherheitsgründen den Sendebetrieb ein. Am folgenden Abend bestanden die SchülerInnen von Team 3 darauf, doch noch "live" zu übersetzen, sie durften dann eine halbe Stunde vor Team 4 live im Sender (wieder anhand des Videobilds) ihre Folge wiederholen.

Das Prinzip kam bei den ZuschauerInnen an - auch die Leute in den Dörfern, denen ich begegnen konnte, hörten mit, sogar wenn sie keinen Fernseher zur Verfügung hatten. Auf den Strassen riefen mir die Leute des öfteren "Monsieur Barbarita" zu und grinsten dabei. Im Studio gingen Höreranrufe ein, es wurde gewünscht, dass das Radio diesen Dienst jetzt immer anbieten möge.

Zum Abschluss gab es eine feierliche Preisübergabe, Zeremonienmeister waren in Bougouni der Radiomoderator Adama Coulibaly und in Yanfolila der Moderator Madou Traoré. In Yanfolila fand das Fest im Garten des Radios statt und wurde als Livesendung übertragen. Sämtliche Honoratioren der Radio waren geladen. Man hielt ansprachen, und dann erhielten die SchülerInnen die Gewinne, die malische Unternehmen gespendet hatten. (Details siehe unter Dokumente)

Foto Abschlusszeremonie in Yanfolila

Abschlusssendung zur Preisverleihung in Yanfolila. Vorne links Personen aus dem Radiovorstand und der Jury, im weissen Hemd Alassane Sidibé, der die Teams betreute, stehend Madou Traoré, Moderator und Englischlehrer am Gymnasium.


Sponsoren, weitere Dokumente / Dokumentation (Sendungen)

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Das Projekt konnte dank der Unterstützung des Eidgenössischen Departements des Äusseren, von helvetas und malischen Sponsoren stattfinden. Bitte beachten Sie die Liste der Sponsoren auf der nächsten Seite.


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